Autonomes Fahren wird ausgebremst
Der Weg zum autonomen Fahren dauert mit einer schrittweisen Verbesserung von Hardware, Software und Infrastruktur länger als ursprünglich erwartet. In Europa ist erst für 2035 ein Anteil von 15 Prozent der vollautomatisierten oder autonomen Neufahrzeuge in Sicht, wie der erste Teil des «Digital Auto Report 2020» von Strategy&, der globalen Strategieberatung von PwC, zeigt.


Im August 2020 hat der Bundesrat die Vernehmlassung zur Teilrevision des Strassenverkehrsgesetzes (SVG) eröffnet. Der Bundesrat will damit unter anderem die rechtlichen Grundlagen für das automatisierte Fahren verbessern. Es ist offensichtlich: Vor allem im Bundesamt für Strassen (ASTRA) scheint man aufs Gas zu drücken, wenn es ums autonome Fahren geht.
Doch so rasch wie man sich dies «in Bern» wünscht, könnte es offensichtlich nicht gehen. Insbesondere das Testen der Sensorik und Fahralgorithmen sowie die Validierung der Sicherheit stellen eine Herausforderung für das autonome Fahren dar. Zu diesem Schluss kommt nun eine Studie der globalen Strategieberatung von PwC.
Die Auswirkungen von COVID-19 tragen dabei nur indirekt zur Verzögerung bei: Für unter Kostendruck geratene Autohersteller, die ihre F&E-Investitionen nun kritisch prüfen müssen, könnten langfristig boomende Technologiekonzerne die Entwicklung selbstfahrender Autos vorantreiben.
«Das vollautonome Fahrzeug, das sich in jeder Umgebung und jeder Situation zurechtfindet, bleibt zwar vorerst eine Vision. Doch das Ziel wird weiterhin über einzelne funktionale Angebote verfolgt, die dem Kunden schrittweise gemacht werden. Mit dieser sukzessiven Umsetzung lassen sich technologische Innovationen mit strengen regulatorischen Sicherheitsvorgaben in Einklang bringen», kommentiert Andreas Schlegel, Automobilexperte und Director bei Strategy& Schweiz.
Im Gegensatz zum automatisierten Fahren ist die Verbreitung von Elektromobilität bereits international auf dem Vormarsch. In Europa sowie in China wird 2020 mit einem Anteil von batterieelektrischen Neufahrzeugen von jeweils 4 Prozent der Gesamtflotte gerechnet. Bis 2030 könnte diese Quote je nach (regulatorischer) Entwicklung in beiden Regionen auf jeweils über 30 Prozent ansteigen. Begünstigt wird dieser Trend vor allem in Europa durch eine COVID-19-bedingte verstärkte Förderung für E-Fahrzeuge. In den USA zeigt sich hingegen ein eher zurückhaltendes Bild. Trotz einiger Aufsehen erregender Beispiele für E-Fahrzeuge bleibt Elektromobilität im Gesamtspektrum der Antriebe weiterhin eine Nische: Dort werden 2020 voraussichtlich 2 Prozent der Neufahrzeuge batterieelektrisch betrieben sein, im Jahr 2030 werden 8 Prozent prognostiziert.
Mit der Beliebtheit digitaler Angebote steigt für die Automobilindustrie auch die Bedeutung der Connected Car Services. Basierend auf einem automatischen Datenaustausch internetfähiger Fahrzeuge ermöglichen diese Dienste verbesserte Anwendungen rund um Sicherheit und Navigation. Getrieben durch regulatorische Vorgaben erreicht die Quote von Neufahrzeugen mit einer Basiskonnektivität bis Ende des Jahres voraussichtlich bereits 86 Prozent. Eine Komplettvernetzung wird in Europa im Jahr 2025 für die Hälfte der Gesamtfahrzeuge erwartet.
«Die Regulatorik der letzten Jahre hat Basiskonnektivität gefördert, die nun verstärkt in Neufahrzeugen zu finden ist. Um diese Konnektivität zu monetarisieren, müssen Automobilhersteller Konzepte entwickeln, um die begrenzte Zahlungsbereitschaft mit Angeboten zu adressieren, die Kunden einen Mehrwert bieten. Nur mit einem entsprechend positiven Kundenerlebnis sowie innovativer B2B-Partnerschaften können OEMs ihre Erträge für Connected Services steigern», kommentiert Thilo Bühnen, Automobilexperte und Co-Autor der Studie.
Die vollständigen Ergebnisse des ersten Teils des «Digital Auto Report 2020» finden Sie unter: www.strategyand.pwc.com/ch/digital-auto-report-2020.html