CO2: «Effektive Senkung» oder «leichte Zunahme»
Dass der Treibstoffverbrauch ein Politikum ist, zeigt sich, wenn auto-schweiz und der Bund dieselben Zahlen komplett anders kommentieren: Demnach sind die Neuwagen auf Schweizer Strassen «effektiv verbrauchsärmer geworden» (auto-schweiz). Dagegen streicht das UVEK eine «leichte Zunahme von Treibstoffverbrauch und CO2-Emissionen» hervor.


2019 wurden rund 314'000 Personenwagen neu zugelassen. Der Anteil der ganz oder teilweise elektrisch betriebenen Personenwagen an der Neuwagenflotte lag 2019 bei 5.6% (2018: 3.2%). Der Anteil der Dieselfahrzeuge ging auf 26.7% zurück (2018: 30.3%).
Politisch viel wichtiger als diese nackten Zahlen ist jedoch, wie sich Treibstoffverbrauch und CO2-Emissionen bei den Neuwagen entwickelt haben. Und da zeigt sich, dass die Kommunikationsfachleute des Bundes alles daransetzen, damit die Entwicklung nur ja nicht zu positiv aussieht.
Neufahrzeuge auf der Strasse effektiv verbrauchsärmer
Wie das Bundesamt für Energie (BFE) mitteilt, hat der durchschnittliche Kohlendioxid-Ausstoss neuer Schweizer Personenwagen im Jahr 2019 138,1 Gramm pro Kilometer betragen. Dieser konnte im Vergleich zu 2018, als der Wert bei 137,8 g CO2/km gelegen hatte, «nicht gesenkt werden, obwohl die Neufahrzeuge auf der Strasse effektiv verbrauchsärmer geworden sind», wie auto-schweiz kommentiert. Zurückzuführen sei dies vor allen Dingen auf die flächendeckende Einführung des neuen Prüfzyklus WLTP, der bei vergleichbaren Modellen zu höheren CO2-Werten auf dem Papier führt.
Ganz anders beurteilt man die Entwicklung beim Bundesamt für Energie (BFE): Demnach liegen «die Gründe für die Zunahme von Verbrauch und CO2-Emissionen beim wiederum angestiegenen Anteil der Allradfahrzeuge (2019: 51.3%), dem höheren Leergewicht sowie dem Rückgang des Anteils der Dieselfahrzeuge.»
Dass der neue Prüfzyklus WLTP («Worldwide Harmonized Light Vehicle Test Procedure») Auswirkungen auf Messreihen haben dürfte, ist auch den BFE-Kommunikationsfachleuten nicht verborgen geblieben: «Auch die realitätsnäheren Bedingungen des neuen WLTP-Verfahrens ermittelten und auf NEFZ zurückgerechneten Messwerte könnten zu der leichten Erhöhung der CO2-Emissionen beigetragen haben», lassen sie immerhin durchblicken. Indessen muss aber auch hierfür Wasser auf die eigenen Mühlen umgeleitet werden: «Dank des neuen WLTP-Verfahrens wurden die in den letzten Jahren auf über 40% gestiegenen Realverbrauchsabweichung reduziert.»
BFE tut sich schwer mit Lob
Dies zeigt: Beim Bundesamt für Energie tut man sich sehr schwer mit Lob für die Automobilindustrie und die Importeure. auto-schweiz-Mediensprecher Christoph Wolnik hält dennoch ganz klar fest, dass man «bereits 2018 den Einfluss der WLTP-Umstellung gespürt» habe. «Laut dem BFE liegen die CO2-Emissionen eines vergleichbaren Modells rund 5 bis 6 Prozent höher, wenn die Messung per WLTP erfolgt und in den NEFZ 2.0 zurückgerechnet wird, als bei einer direkten Messung im NEFZ. 2018 traf diese Anpassung erst auf rund 25 Prozent der neuen Personenwagen zu, 2019 lagen wir bei über 90 Prozent WLTP-Anteil. Die Umstellung des Testzyklus verschleiert also die effektive Senkung der CO2-Emissionen von Neuwagen.»
Der Grund, weshalb man sich beim Bund schwer tut, die Automobil-Importeure für ihre Anstrengungen zu loben, liegt auf der Hand (und steht auch prominent im Communiqué des BFE https://www.uvek.admin.ch/uvek/de/home/uvek/medien/medienmitteilungen.msg-id-79705.html): «Bei den Autoimporteuren wurden Sanktionen von insgesamt rund 78.1 Millionen Franken erhoben (2018: 31.7 Mio. Fr.).»
Rückgang bei Lieferwagen und leichten Sattelschleppern
Immerhin: Bei den Lieferwagen und leichten Sattelschleppern kann auch das Bundesamt für Energie (BFE) die positive Entwicklung nicht nur schlecht reden (resp. schreiben): «Im Jahr 2019 wurden rund 34'000 Lieferwagen und leichten Sattelschleppern (LNF) neu zugelassen, davon waren 85.2% Dieselfahrzeuge. Die durchschnittlichen CO2-Emissionen der neuen LNF lagen 2019 bei 181.5 g CO2/km (2018: 183.3 g CO2/km), der durchschnittliche Verbrauch bei 7.95 LBÄ/100 km.» Fazit: «Die CO2-Emissionen der neu zugelassenen Lieferwagen und leichten Sattelschleppern gingen im Vergleich zum Vorjahr leicht zurück.»