Euro NCAP schiesst scharf gegen Renault Zoe und Dacia

In der letzten Runde 2021 von Sicherheitsberatungen durch EuroNCAP fahren die kompakten Elektroautos von Renault und Dacia ins Desaster. Der Hersteller erklärt sich, räumt aber auch Fehler ein.


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Mit zwei verheerend ausgefallenen Crash-Tests im EuroN CAP steht der Automobilhersteller Renault (auch mit der Submarke Dacia) unter Rechtfertigungszwang für seine günstigen Elektromodelle. Man erfülle «alle behördlichen Sicherheitsanforderungen», kontern die Franzosen. Allerdings reagierte man rasch und will den Zoe ab März 2022 mit einem Notbremsassistenten samt Fussgängererkennung in Serie ausstatten, der aktuell aber nicht standardmässig an Bord ist. Das hatten die Crash-Tester ebenso moniert, wie den schlechten Seitenaufprallschutz aufgrund fehlender Kopfairbags und die Tatsache, dass Teile des Armaturenbretts in den Fahrgastraum eindrangen. Umso ärgerlicher ist dies, weil der Zoe Jahrgang 2013 noch mit Kopf-Seiten-Airbag ausgestattet war und damals die von der Marke gewohnten fünf Sterne errang.

Lieber Kamera und Radar statt Kopfairbag

Anstelle von Kopfairbags – pro Fahrzeug etwa zwei bis drei Euro teuer – habe man mit dem 2019er-Facelifts weitere Sensoren für Kamera und Radar als Basis weiterer Assistenzsysteme verbaut, im Gegenwert von 50 bis 70 Euro, rechtfertigte sich der Hersteller gegenüber dem Fachmagazin Auto, Motor und Sport (AMS). Dies sei vertretbar, da man in einer Analyse aller in Betrieb befindlichen Zoes (zum Analyse-Zeitpunkt rund 300'000) keinen einzigen Unfall mit Pfahlaufprall ergeben habe, dafür zahlreiche Kollisionen mit Fussgängern oder Velofahrern, bei denen die Assistenzsysteme wirksamer gewesen seien.

Die Kombination aus Seiten- und Kopfairbag berge unter bestimmten Umständen sogar Risiken. Ein hilfreicherer Vorhangairbag wiederum erfordere eine komplett andere Karosseriestruktur und würde für das in der Basis 2013 präsentierte Modell den Kostenrahmen sprengen, argumentiert Renault weiter. Gleichwohl würde man die Entscheidung so heute nicht mehr treffen, räumte der Hersteller gegenüber AMS ein.

Weder Kopfairbag noch ausreichende Assistenzsysteme

Renault lancierte schon 2013 einen Elektro-Bestseller. Das Facelift von 2020 erhielt einige Verbesserungen an der Batterie, aber keine zusätzlichen Sicherheitsfeatures. Im Gegenteil, monieren die Crash-Tester: Der Seitenairbag im Sitz, der früher Kopf und Brustkorb schützte, wurde durch einen weniger wirksamen reinen Thorax-Airbag ersetzt, was eine Verschlechterung des Insassenschutzes bedeutet. Der neue Zoe bietet gemäss Euro NCAP insgesamt einen schlechten Schutz bei Unfällen, einen schlechten Schutz für ungeschützte Verkehrsteilnehmer und keine sinnvolle Technologie zur Unfallvermeidung, was ihn für alle Sterne disqualifiziert, so das harsche Urteil.

Dacia Spring: Budget leider auch beim Crashtest

Leider sehe es bei Renaults schnörkelloser Submarke Dacia nicht viel besser aus, führen die Euro NCAP-Tester weiter aus. Der vollelektrische Spring, der als brandneues Fahrzeug vermarktet wird, basiert stark auf dem in China hergestellten Renault City K-ZE, der wiederum ein Derivat des problematischen Renault Kwid ist, der mehrere Jahre lang in Indien und Brasilien verkauft wurde, erklärt die Organisation. Dacia habe in ganz Europa eine treue Fangemeinde: Autokäufer, die die niedrigen Einstiegspreise zu schätzen wissen und auf «unnütze Features» in ihrem Auto verzichten.

Problematische Leistungen des China-Derivats

Mit dem Spring hätten die «Meister der sparsamen Technik» nun aber ein Produkt auf den Markt gebracht, das mehr sei als nur schnörkellos. Seine Leistungen bei Crashtests seien «geradezu problematisch, mit einem hohen Risiko lebensbedrohlicher Verletzungen für den Brustkorb des Fahrers und den Kopf des Beifahrers bei Frontalcrashtests und einem geringen Schutz des Brustkorbs bei Seitenaufprall», so das Urteil. Die mittelmässige Crash-Performance und die mangelhafte Crash-Vermeidungstechnologie führen zu einer Ein-Stern-Bewertung für den Dacia Spring.

«Renault war einst ein Synonym für Sicherheit. Der Laguna war 2001 das erste Auto, das fünf Sterne erhielt. Die enttäuschenden Ergebnisse für den Renault Zoe und den Dacia Spring zeigen jedoch, dass die Sicherheit bei der Umstellung des Konzerns auf Elektroautos inzwischen zum Kollateralschaden geworden ist», kritisierte Michiel van Ratingen.

«Diese Autos bieten nicht nur serienmässig keine nennenswerte aktive Sicherheit, sondern ihr Insassenschutz ist auch schlechter als bei allen anderen Fahrzeugen, die wir seit vielen Jahren gesehen haben. Es ist zynisch, dem Verbraucher ein erschwingliches, umweltfreundliches Auto anzubieten, wenn der Preis dafür ein höheres Verletzungsrisiko im Falle eines Unfalls ist», so das bittere Fazit von Euro NCAP.


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