Immer ein Ziel, immer zwei Wege

Die Aare Seeland mobil ist ein Verkehrsunternehmen mit Sitz in Langenthal, welches das ganze Spektrum der Dienstleistungen im Bereich des landgeführten Öffentlichen Verkehrs sicherstellt. Dazu betreibt der Mobildienstleister ein Liniennetz in den Regionen Solothurn-Oberaargau wie auch im Seeland – auf Schienen und auf Strassen. Jährlich befördert das halbstaatliche Unternehmen rund 6,6 Millionen Personen auf seinem Schienen- und Strassennetz. Das Streckennetz umfasst rund 210 Kilometer und bietet den Kundinnen und Kunden an über 250 Haltestellen Zugang zur Beförderung. Beeindruckend auch die Zahl der Personenkilometer – sie wird mit über 50 Millionen Kilometer pro Jahr ausgewiesen.

Kernelement eines funktionierenden Betriebs ist natürlich ein schlagkräftiger Fuhrpark. Für den schienenseitigen Personenverkehr stehen 18 Triebzüge im Einsatz, für den Güterverkehr sind es deren acht. Der Busbetrieb wird mit 35 Fahrzeugen in Schwung gehalten. Dafür sorgen aber auch rund 280 Mitarbeitende.

Hohe Ansprüche an Bau und Unterhalt

Ein wichtiger Bestandteil der Aare Seeland mobil AG besteht im Bau und Unterhalt des Schienennetzes. Dazu hatte das Unternehmen bisher zwei Schienentraktoren mit Kranaufbauten auf den Strecken im Seeland und Solothurn-Oberaargau im Einsatz. Eine Lösung, die nicht länger zu befriedigen vermochte, wie Stephan Bärtschi, Leiter Elektroabteilung, einwirft. Ein Gremium, das sich aus Vertreterinnen und Vertretern der verschiedenen Abteilungen zusammensetzte, suchte vor rund vier Jahren nach einer optimaleren Lösung und betrieb aus diesem Grund zunächst eine Bedarfsabklärung. Schnell kristallisierte sich heraus, dass ein Zweiwegefahrzeug den hohen Ansprüchen an Bau und Unterhalt des Schienennetzes am ehesten gerecht würde. Die Zugänglichkeit zu den Baustellen sowohl auf der Schiene wie auch auf der Strasse, respektive im Gelände, versprach jene Flexibilität, welche die Einsatzzeiten nicht nur verkürzen, sondern auch die Arbeitsausführung vereinfachen und in Summe verbilligen würde. Es wurde in der Folge ein Pflichtenheft erstellt und das Projekt gelangte hernach zur öffentlichen Ausschreibung.

Ein Renault Trucks D18 als Basisfahrzeug

Schon schnell blieb im Auswahlverfahren das Augenmerk auf dem Angebot des französischen Herstellers Geismar S.A.S. haften. Das Gesamtpaket schien stimmig und deckte die spezifischen Bedürfnisse der Aare Seeland mobil AG rundum ab. Das Zweiwegefahrzeug des Typs V2R840CGR mit Hebebühne und Kran kam jedenfalls in die engere Wahl und machte schliesslich das Rennen. Aufgebaut ist das Zweiwegefahrzeug auf dem Chassis eines Renault Trucks D18 High P4X2 250E6. Sein Reihensechszylinder-Dieselmotor schöpft aus 7,7 Litern Hubraum 250 Pferdestärken. Das maximale Drehmoment von 950 Nm steht bei 900 bis 1700 U/min. an. Die Besonderheit besteht natürlich darin, dass der Renault Trucks D18 im Vorder- und Heckteil mit einem Eisenbahn-Radsatz versehen ist, der sich hydraulisch absenken und anheben lässt und damit vom Strassen- zum Schienenfahrzeug wird. Die Radsätze werden über einen Hydraulikmotor in Gang gesetzt, der auch die Bremsfunktionen übernimmt.

Ein technisches Meisterwerk

Weitere technische Raffinessen stecken im Aufbau – das lässt sich auf den ersten Blick erkennen. Dort sind eine Arbeitshebebühne, ein Kran, Stabilisatoren und ein Stromabnehmer platziert, mit welchen sich alle relevanten Arbeiten ausführen lassen. Die Arbeitsbühne im Heck des Fahrzeugs lässt sich mit der Strasse als Untergrund und ausgefahrenen Stabilisatoren auf 10,5 Meter Höhe ausfahren. Steht das Fahrzeug auf Schienen, sind es immer noch 9,5 Meter. Die seitliche Verschiebung erlaubt 6 Meter (Strasse) respektive 4,5 Meter (Schiene). Die zulässige Last wird mit 350 Kilogramm angegeben.

Der Aufbaukran, ein Palfinger PK 8502-GRW B, hat eine maximale Reichweite von 9,90 Meter und eine maximale Hebekapazität von 5460 Kilogramm mit ausgefahrenen Stabilisatoren. Das Hubmoment beträgt 8,2 mt.

Der Stromabnehmer ist mit einem System ausgestattet, das die Messung der Seiten- und Höhenlage des Fahrdrahtes ermöglicht und ist unmittelbar hinter der Kabine montiert.

Sicherheit grossgeschrieben

Wo Hochspannung im Spiel ist, kriegt das Thema Sicherheit ein ganz besonderes Gewicht. Zunächst aber benötigt das Fahrzeug, das intern unter der Bezeichnung Xm 145 geführt wird, selber Strom. Dazu ist ein Stromkreis mit 400–230 Vac verbaut, der über ein Stromaggregat von Dynaset versorgt wird. Es stellt an verschiedenen Fahrzeugpositionen Steckdosen bereit und ist mit Fehlerstromschutzschalter abgesichert. Notschalter sind ebenfalls an allen wichtigen Stellen anzutreffen.

Rund um das Fahrzeug sind Positionsleuchten angebracht. Mit den Arbeitsleuchten lassen sich die Einsatzorte, welche meist nachts aufgesucht werden müssen, wenn der Bahnverkehr stillsteht, bestens einsehbar. Mit Kameras werden ausserdem alle Blickwinkel erfasst.

Von elf verschiedenen Orten am Renault Trucks D18, der – von 18 Tonnen abgelastet – auf 16,5 Tonnen Gesamtgewicht zugelassen ist, können die einzelnen Geräte über Steuerpulte bedient werden. Im Fahrerhaus befindet sich die zentrale Schaltstelle. Zahlreiche Schalter, ein Joystick und ein Bildschirm offenbaren hier die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten des neuen Zweiwegefahrzeugs der Aare Seeland mobil AG.

Hat sich gelohnt

Seit Frühling 2021 ist das Zweiwegefahrzeug nun bei der Aare Seeland mobil AG im Einsatz. Vom Personal erforderte es eine zielgerichtete Schulung. «Doch», so Stephan Bärtschi, «die Investition hat sich gelohnt. Das Fahrzeug hat sich im Einsatz bewährt.»