O-LkW-Projekt wird weiter vorangetrieben

Das «eHighway»-Projekt, bei dem Lastwagen auf bestimmten Strecken mit Strom aus Oberleitungen fahren, wird weiter forciert. Jetzt wird auch in Baden-Württemberg ein Feldversuch vorbereitet. Derweil skizziert eine Studie den Weg für die erfolgreiche Markteinführung bis 2030.


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Vielerorts stossen die Tests für das «eHighway»-Projekt auf Unverständnis: Dass man Strassen mit Oberleitungen nachrüstet, damit speziell angefertigte (Hybrid-) Lastwagen auf einigen Kilometern mit Strom fahren und den Elektrospeicher nachladen können, stösst in der Öffentlichkeit (zumindest hierzulande) noch auf wenig Verständnis. Warum sollte man eine Eisenbahn auf der Strasse bauen?

Die Initianten und Verfechter der Idee lassen sich ob dieser Kritik nicht von ihrem Weg abbringen. Sie haben in den letzten Wochen die nächsten Schritte lanciert:

Pilotbetrieb in Baden-Württemberg im Frühjahr 2021

In Baden-Württemberg haben die Vorbereitungen für den Feldversuch mit Oberleitungs-Lkw begonnen. Als Projektpartner des Bundeslandes treten dabei SPL Powerlines und Siemens Mobility auf. Die 65 Masten sind gemäss Medienberichten auf dem ersten elektrifizierten Abschnitt auf der Bundesstrasse B462 im süddeutschen Kuppenheim im Murgtal bereits weitgehend gestellt worden. Noch würden die Ausleger, an denen Tragseil und Fahrdraht angebracht werden fehlen, wie Steffen Kese, Projektleiter des Infrastrukturausrüsters SPL Powerlines im Juli erklärte.

Baden-Württemberg ist das dritte Bundesland, in dem Lkw mit Stromabnehmer unterwegs sind beziehungsweise sein werden. Der Start für den Feldversuch ist fürs Frühjahr 2021 geplant. In Hessen hatte der Feldversuch auf der A5 im Mai 2019 begonnen, in Schleswig-Holstein auf der A1 Ende des letzten Jahres. Die Besonderheit in Baden-Württemberg ist, dass es sich bei der Teststrecke nicht um eine Autobahn handelt. Erstmals wird eine Bundesstrasse (Überlandstrasse) und kein Autobahn-Abschnitt ausgebaut.

Markt für Oberleitungs-Lkws jetzt entwickeln

Parallel dazu geben die Verfechter der Idee aber auch auf der Argumentationsschiene Gas. In einer Studie unter dem Titel «Roadmap für die Einführung eines Oberleitungs-Lkw-Systems in Deutschland» skizziert das ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg den Weg für eine erfolgreiche Markteinführung bis 2030. Die Studie zeigt gemäss Medienberichten, dass der Aufbau einer Basis-Oberleitungsinfrastruktur auf 3’000 bis 4’000 km stark befahrener Autobahnabschnitte einen hohen Anteil an elektrischer Fahrleistung durch Oberleitungs-Lkw erlaubt. Am Wichtigsten sei nun der zügige Aufbau einer grösseren Pilotstrecke. «So können wertvolle Erfahrungen mit O-Lkw im Fernverkehr gesammelt und damit der Aufbau einer Basis-Oberleitungsinfrastruktur vorbereitet werden», lässt sich Studienleiter Julius Jöhrens zitieren.

Bereits im Frühjahr dieses Jahres hatte dasselbe Institut darauf hingewiesen, dass Oberleitungs-Lkw «die hohe Energieeffizienz von Elektrofahrzeugen erreichen, ohne deren typischen Nachteil einer batteriebedingt CO2-intensiven Fahrzeugherstellung aufzuweisen.» Der vergleichsweise geringe Materialaufwand wirke sich auch auf die Kostenbilanz aus: Ein Hybrid-Lkw mit Stromabnehmer rechne sich im Jahr 2030 bereits dann, wenn lediglich ein Drittel der jeweiligen Strecke unter Oberleitung zurückgelegt wird. Das mache ihn auch im Vergleich zu anderen CO2-Minderungsoptionen attraktiv (vgl. https://tch.online/de/news/default/o-lkw-verzoegerungen-und-neue-studie).

Staat müsste den Markt gezielt schaffen

Um der Idee aber letztlich definitiv zum Durchbruch zu verhelfen, führt offensichtlich kein Weg an der Politik resp. am Staat vorbei. Gemäss der jetzt veröffentlichten ifeu-Studie müsste die öffentliche Hand «ähnlich wie bei anderen neuen Technologien» den Markt für O-Lkw aktiv entwickeln. Aktuell würden O-Lkw von vielen Akteuren noch nicht als leistungsfähige und kostengünstige Klimaschutztechnologie wahrgenommen, trotz klarer Studienlage zu dem Thema. Darum möchten die Verfechter, dass der Staat ein gutes Wort für ihre Idee einlegt. Sprich: Die Politik müsste klar sagen, welche Rolle das System zukünftig bei der Erreichung von Klimaschutzzielen spielen soll.

Ob sich die (deutsche) Politik/Regierung zu diesem Schritt hinreissen lässt, wird auch vom Lobbying der beteiligten Unternehmen abhängen. Immerhin haben sie es bereits erreicht, dass Feldversuche durchgeführt werden. Wer die Mechanismen der Politik kennt, der weiss, dass «Pilotprojekte» meistens der Legitimation einer definitiven Umsetzung dienen. So gesehen könnten in Deutschland also in etwa 10 Jahren durchaus vermehrt auch O-LkW unterwegs sein – allen Unkenrufen zum Trotz.

 

Quelle: https://www.elektropraktiker.de/nachricht/markt-fuer-oberleitungs-lkws-jetzt-entwickeln-damit-die-neue-technik-schon-2030-alltaeglich-ist/, https://www.eurotransport.de/artikel/projekt-ewaybw-b462-unter-strom-vorbereitungen-fuer-oberleitungs-lkw-laufen-11165519.html sowie https://ecomento.de/2020/03/20/oberleitungs-lkw-guenstiger-als-synthetische-kraftstoffe-studie/


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