Elektrische City-Flitzer: Klein ist oho!
Platzsparende, elektrisch betriebene Kleinwagen passen perfekt zur Ausrichtung der neuen IAA, die bekanntlich IAA Mobility heisst. Newcomer wagen sich mit originellen Wägelchen für Menschen mit Humor auf den Markt, für die anderen kündigen Marken wie Smart oder VW solidere Kompaktware an.


Eigentlich ist sich der aufgeklärte Teil der Menschheit weitgehend einig: Kleiner sollten die Autos von morgen sein. Denn kleiner und leichter bedeuten einen geringeren Ressourcenverbrauch von der Herstellung über den Betrieb bis zur Verwertung. Das galt natürlich schon bisher, und doch wurden die Autos in den letzten Jahrzehnten zuerst immer länger und breiter, dann mit dem Aufkommen von SUV und Crossovern auch höher und mit Allradantrieb sowie tausend Komfort- und Sicherheitskomponenten, zunehmend schwer.
Kundinnen und Kunden wollen das so, doch immerhin haben die Hersteller schon etwas Gegensteuer gegeben. Crossover im Klein- und Kompaktwagensegment bieten heute das vielleicht wichtigste Feature von SUV auch in platzsparender Form.
Microlino
Aber da geht noch mehr, wie einige Anbieter an der IAA Mobility in München zeigten. Um ein bis zwei Personen durch die tempoentschleunigte City zu bugsieren, darf es auch noch eine oder zwei Schuhnummern kleiner sein. Findet beispielsweise die Micro Mobility Systems AG der Familie Ouboter. Die Schweizer feierten mit dem Microlino Weltpremiere an der IAA, die ersten Fahrzeuge sollen noch 2021 hierzulande ausgeliefert werden.
Der zweiplätzige Kabinenroller mit Fronteinstieg wird in Italien gefertigt, der Grundpreis beträgt 12'500 Euro. Lieferbar wird der Stromer mit drei unterschiedlich grossen Batterien und Reichweiten von 95, 177 und 230 km. Mit einer Motorleistung von 11 kW und einer Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h zielt die Knutschkugel auf einen Einsatz in Stadt und Agglomeration ab.
City Transformer
Keine Angst, hier kommt kein Gerät, das die City umbaut. Der City Transformer hat aber durchaus das Zeug, die Fahrt durch die Stadt anders als gewohnt zu gestalten. Der israelische Anbieter wirbt damit, dass vier seiner Wägelchen auf einen Autoparkplatz passen. Könnte bei einer Länge von 2,5 m und einer Breite von einem Meter (ja, der City Transformer ist ein Einplätzer, Gigolos können gleich beide Ellbogen raushängen lassen) durchaus hinkommen.
Wobei, die Breite ist, das ist der technische Clou des Fahrzeugkonzepts, variabel. Nicht die Breite der Fahrgastzelle, sondern die Spurbreite. Beim urbanen Rumtuckern und beim Einparkieren stehen die Räder nur 100 cm auseinander, fürs flottere Vorankommen fährt die Achse aus, die Breite beträgt dann 140 cm. Zwei 7,5 kW Motoren stehen im Einsatz, bei 90 km/h ist Schluss.
90 Prozent weniger Teile als für ein konventionelles Auto sei für den Bau eines City Transformers nötig, sagt die Firma. Das ist alles sehr sinnvoll und sympathisch. Fraglich ist nach wie vor die Akzeptanz, Fahrzeuge vom Schlage eines City Transformers oder eines Microlinos tragen oft schwer am Stigma eines «halben Autos». Denn Menschen sind Gewohnheitstiere, sie entscheiden nicht immer nüchtern aufgrund ihrer Transportbedürfnisse. Dennoch, der Zeitgeist wandelt sich, die Mobilitätsformen wandeln sich.
Von Konzept und Erscheinungsbild ähnelt der City Transformer übrigens dem Renault Twizy. Der halboffene Elektro-Flitzer hält sich nun schon seit neun Jahren im Modellprogram der Franzosen, das ist doch auch schon ein Anzeichen, dass es einen gewissen Markt für solche vierrädrigen Zwerge gibt.
Smart
Die Mercedes- (und Geely-) Tochter Smart ist längst zur reinen Stromer-Marke mutiert. An der IAA hatte nun die nächste Generation ihren ersten Auftritt in Form einer Crossover-Studie namens Concept #1. Während oben geschilderte Microcars eine Portion Verzicht und Beschränkung ausstrahlen, geht es bei Smart um einen «vollwertigen» Vierplätzer. Die Fahrzeuglänge von 4,29 m reicht beinahe an einen VW Golf heran.
Mit hinten angeschlagenen und damit gegenläufig öffnenden Fondtüren lässt sich, an einer Messe besonders wirkungsvoll, die für Elektroautos typische, grandiose Innenraumausnutzung, bestens demonstrieren. Ende 2022, so die ungefähre Ankündigung, soll der neue Smart bereit für den Verkaufsstart sein.
VW ID.Life
An Automessen spricht man ja gerne vom grossen Ganzen und weniger oft von Kleinigkeiten wie den Fahrzeugpreisen. Doch genau dies ist im Hinblick auf elektrische Kleinwagen wichtig und derzeit noch ein Paradoxon: Eigentlich eignen sich Elektroautos gerade für den Einsatz in den Metropolen perfekt, doch konkurrenzfähig niedrige Verkaufspreise sind (noch) nicht darstellbar. Dabei möchte doch die «Generation Praktikum» ihren Beitrag zur CO2-armen Mobilität leisten.
Volkswagen will dieser Generation schon bald einmal etwas bieten. An der IAA zeigte die Marke den neuesten Abkömmling der ID-Reihe, den ID.Life. Der wird bestimmt weniger kosten als der Smart, allerdings klingen «ab 20’000» Euro auch nicht nach einem epochemachenden Preisbrecher. Das Styling (die Süddeutsche Zeitung schreibt von «Bauklötzchen-Minimalismus für junge Kunden») ist noch ungehobelter als beim Smart, doch das dürfte auch am Planungshorizont liegen: Der VW ID.Life geht voraussichtlich 2025 an den Start.